Als ich die Garfagnana in der Toskana erkundete, stieß ich auf die Einsiedelei von Calomini (Eremo di Calomini), die sich vor mir oben als weißer Fleck an einer Felswand nach einer Kurve auftat, wo man meinen könnte, die Einsiedelei klebt förmlich am Berg. Ich beschloss, die Einsiedelei zu besuchen.

Die Einsiedelei von Calomini vom Eingang ausgesehen
Die Einsiedelei von Calomini vom Eingang ausgesehen

Der Weg zur Einsiedelei führt bergauf

Der Weg, der zu Fuß gegangen werden kann, sich aber über einige Kilometer nach oben hinzieht, ist ebenso mit einem Auto befahrbar. Die Straße ist nicht sehr breit, aber sie lässt sich gut fahren. Das Kloster befindet sich genau genommen in der Provinz Lucca ein paar Kilometer westlich von Gallicano (hier abzweigen und der Beschilderung folgen) einsam an einer Felswand klebend. Oben angekommen, erwartet dem Besucher eine schier unendliche Stille. Nur das Plätschern der Quelle, die sich eingangs der Einsiedelei neben den Gästezellen befindet, durchbricht die Stille.

Die Einsiedelei von Calomini scheint am Felsen zu kleben
Die Einsiedelei von Calomini scheint am Felsen zu kleben
Eine Madonnenfigur begrüßt den Besucher
Eine Madonnenfigur begrüßt den Besucher

Wasser und Stille finden sich reichlich

Aufgrund der augustinischen Eremitenbewegung entstand die Einsiedelei von Calomini im 12. bis 13. Jahrhundert, wobei sich einige Einsiedler an diesen Ort zurückzogen. Eine Wasserquelle war vorhanden sowie einige natürliche Höhlen in der Felswand, die dann für das Leben und der Hingabe zu Gott bestens geeignet waren. Die Eremiten fanden vor Ort, alles was für sie wichtig war: Wasser, ein Schutz vor Regen und Unwetter sowie eine unendliche Stille.

Einsiedelei stammt aus dem Mittelalter

Erstmals dokumentiert wurde die Existenz der Einsiedelei von Calomini 1361. Damals bestand die Einsiedelei aus einer „Eremitenzelle“ und einer Kapelle, die Sancta Maria ad Martyres gewidmet ist. Der marianische Titel der Kapelle stammt aus dem römischen Pantheon, wohin im 7. Jahrhundert die Gebeine der Märtyrer aus den Katakomben gebracht wurden. Diese seltene Bezeichnung findet sich aber auch in der Einsiedelei von Rupecava in Ripafratta zwischen Pisa und Lucca wieder. Vielleicht gab es damals Verbindungen zwischen dieser Einsiedelei und der von Calomini.

Von den Eremiten zum Wallfahrtsort

Anfang des 15. bis Ende des 15. Jahrhunderts war Calomini verlassen. Erst Anfang des 16. Jahrhunderts bis zum Ende des 17. Jahrhunderts erlebte die Einsiedelei einen Aufschwung. Sie wurde zum Ziel zahlreicher Pilgerer, weshalb die Gebäude vergrößert und in ihrer heuten Form errichtet wurden.

Im Jahr 1800 wurde die Einsiedelei von den Eremiten aufgrund etlicher Schwierigkeiten verlassen. Sie wurde den örtlichen Pfarrern anvertraut, später, ab 1914 bis 2010 schließlich den Kapuzinern. Von 2011 bis 2023 war sie in der Hand einer anderen Ordensgemeinschaft, wurde aber nicht ständig bewohnt. Erst seit dem 1. Juni 2023 wird sie vom Zisterzienser-Eremitenmönch Bruder Benedikt bewohnt. Diesen durfte ich kennenlernen. Ein sehr sympathischer und aufgeschlossener Mensch, der gerne alle Fragen zur Einsiedelei erklärt.

Grob kann man also festhalten, dass die Einsiedelei von Calomini zwei wichtige Phasen hatte: die mittelalterliche Zeitepoche als Ursprung der Einsiedler im 12. bis 14. Jahrhundert und andererseits die Entwicklung zum Wallfahrtsort im 17. und 18. Jahrhundert.

Die sehenswerte Felsenarchitektur

Architektonisch gesehen, ist die Einsiedelei von Calomini sehr interessant. Sie umfasst eine komplette Felsenarchitektur, wobei alle Gebäude in den Felsen gehauen wurden. Einige Gebäudeteile sind an der Felswand gelehnt.

Wenn man die Einsiedelei betritt, hat man links eine spektakuläre Aussicht auf das Tal vor sich. Rechts befindet sich die Quelle, daneben das an den Felsen gelehnte Gästehaus, das einige Zellen umfasst und in dem heute Gäste aufgenommen werden, die eine spirituelle Erfahrung machen wollen. Neben dem Gästehaus befindet sich die Kapelle und daneben das Hauptgebäude, in dem alle Pilger und Besucher empfangen werden.

Das Hauptgebäude im Hintergrund, die Gästezimmer sind rechts
Das Hauptgebäude im Hintergrund, die Gästezimmer sind rechts
Das Gästehaus bietet eine spektakuläre Aussicht aufs Tal
Das Gästehaus bietet eine spektakuläre Aussicht aufs Tal
Der Balkon des Hauptgebäudes mit einer grandiosen Aussicht
Der Balkon des Hauptgebäudes mit einer grandiosen Aussicht

Eine Führung ist empfehlenswert

Zu empfehlen ist eine Führung durch die Einsiedelei, die kostenfrei ist, jedoch sollte man hinterher einen Obolus bereithalten, der von Bruder Benedikt für den Erhalt der Einsiedelei verwaltet wird. Führungen finden täglich von 9:30 -10:45 Uhr, 11:30 – 12:30 Uhr und 15 – 17 Uhr statt.

Während der Führung geht es erst einmal durch die verschiedenen Räumlichkeiten des Haupthauses, wo mittelalterliche Buchschriften, Dokumente und historisches Mobiliar zu sehen ist. Danach geht es eine Etage höher in eine Mönchszelle, in der man sehen kann, wie die Eremiten gelebt haben. Diese Zellen sind sehr einfach mit einem Bett und einem Gebetstisch ausgestattet. Fernsehen und sonstige Medien gibt es nicht, dafür Kerzen, Heiligenbilder und ein Abbild von Jesus Christus.

Zum Schluss geht es in die Kapelle, wobei das schwere hölzerne und hübsch ausgestaltete Eingangsportal bereits erahnen lässt, dass diese im Inneren ein Schmuckstück sein muss. Wer hineingeht, dem versetzt die Fülle an bunten Bemalungen und reichhaltigen Verzierungen aus Stuck, ganz im Stile des Barocks, in Staunen. Als Sakristei, die aus dem 17. Jahrhundert stammt, dient die Grotte, die sich neben dem ursprünglichen Kern der Kirche befindet, dort wo sich der Altar und die Madonna befinden, und ähnelt der mittelalterlichen Urkirche. Sie bewahrt ein interessantes Holzmobiliar aus dem Jahr 1700 auf.

Der Altar ist im Barockstil gehalten
Der reich geschmückte Altar mit der Madonna ist im Barockstil gehalten
Die schwere Holztür der Kapelle ist herrlich verziert
Die schwere Holztür der Kapelle ist herrlich verziert
Die reich verzierte Stuckdecke der Kapelle
Die reich verzierte Stuckdecke der Kapelle
Eine Mönchszelle, die bei der Führung gezeigt wird
Eine Mönchszelle, die bei der Führung gezeigt wird

Sehenswertes der Einsiedelei von Calomini

Sehenswert sind neben der reichhaltigen Bemalung die Tür mit den vier Evangelisten, das Gewölbe, die Engel, die Seitenaltäre, die hölzerne Kanzel und die Beichtstühle, der reichhaltige Stuck, die Orgel und die als wundertätig geltende Marienstatue.

Ebenso sehr sehenswert und nur durch eine Führung zu sehen ist der schöne Klostersaal mit einem großen Balkon, auf dem man eine der schönsten Aussichten über die Garfagnana hat.

Historisches Mobiliar in der Grotte
Historisches Mobiliar in der Grotte
Altes Mobiliar in der Urkirche; es gibt auch ein Geheimversteck
Altes Mobiliar in der Urkirche; es gibt auch ein Geheimversteck
Eine Engelsfigur der Kapelle
Eine Engelsfigur der Kapelle
Die Madonna mit Kind
Die Madonna mit Kind

Man erzählt sich drei Legenden

Insgesamt kreisen um Calomini drei Legenden. Die erste besagt, dass in einer Höhle eine Madonnenstatue gefunden wurde. Diese wurde anschließend in die Kirche von Gallicano gebracht, wo sie aber seltsamerweise wieder verschwand. Man fand sie genau dort, wo die Einsiedelei heute steht. Eine andere Legende besagt, dass ein Mädchen aus Trassilico Mitte des 18. Jahrhunderts von einer Klippe gegenüber der Wallfahrtskirche stürzte, aber unversehrt blieb, denn das Mädchen vertraute sich der Madonna der Einsiedelei von Calomini an. Eine andere Geschichte handelt von einem Mädchen aus Calomini, das von der Klippe oberhalb der Wallfahrtskirche stürzte. Auch sie blieb unverseht.