Bücher über Italien gibt es wie Sand am Meer, in allen Sprachen tausendfach übersetzt. Angefangen von den klassischen Reiseführern bis hin zu detaillierten Kirchenbeschreibungen ist alles dabei. Aber darum geht es hier in diesem Artikel gerade nicht. Ich möchte hier Bücher vorstellen, die dem Leser einen umfassenden Einblick in das Leben der Italiener geben. Diese Bücher, die ich allesamt gelesen habe und hier nur jedem ans Herz legen kann, der sich für das Leben, die Kultur und die Geschichte Italiens interessiert, kennt nicht unbedingt jeder, nicht einmal viele der Italiener selbst, auch wenn sie oftmals von wichtigen italienischen Persönlichkeiten geschrieben worden sind.
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Philippe Daverio: Elogio delle donne
Zugegeben, ich mag die Bücher von Daverio. Und dieses hier „Elogio delle donne: (per fortuna sono diverse dagli uomini), was so viel heißt wie „Ein Lob der Frauen: (Zum Glück sind sie anders als Männer)“ ist wie alle seine Bücher sehr interessant und aufschlussreich geschrieben.
Der Kunsthistoriker Philippe Daverio liebte Geschichten aus der Vergangenheit, die er gerne mit der Kunst verknüpfte. Das vorliegende Buch handelt von der Rolle der Frau in Kultur, Politik und Gesellschaft. Sein Schwerpunkt liegt dabei auf die zentrale Rolle der Frau in den ersten Jahrhunderten nach dem Jahr 1000 bis hin zu Frauen des frühen 20. Jahrhunderts. Behandelt werden Figuren des weiblichen Geschlechts, die revolutionär, voller Ideen, mutig und auch exzentrisch waren. So werden die exzentrische Luisa Casati, Isabella d’Este und auch Flora Tristan neben vielen weiteren weiblichen Persönlichkeiten tiefgründig beleuchtet.
Carlo Levi: Cristo si è fermato a Eboli
Dieses Buch von Carlo Levi sollte eigentlich jeder lesen, der sich für das Leben in Süditalien in den vergangenen Jahrhunderten interessiert. Es stellt eine Beschreibung des Matera in der Basilikata dar, als die Menschen noch in den Sassi, den sogenannten Höhlenwohnungen lebten. Es beschreibt sehr detailliert das harte Leben, den schwierigen Alltag, die Wünsche, Sorgen und Probleme der Bewohner. Besonders die ärztliche Versorgung war nicht leicht, weshalb viele Anwohner auch verstarben. „Christus kam nur bis Eboli“, wie der deutsche Titel lautet, kann von mir nur empfohlen werden. Ich habe es gelesen und bin danach in die Basilikata gefahren. Man sieht nach der Lektüre die Welt in Süditalien gewiss mit anderen Augen.
Dante Graziosi: La terra degli aironi
Hier sind wir nun an ein Buch über Italien angelangt, das wahrlich keine einfache Lektüre ist, zumal es dafür, bisher keine deutsche Übersetzung gibt, zumindest nach meinem Stand. Dieses Buch ist für all diejenigen geeignet, die mehr vom Leben im Novarese, den Reisfeldern, der Reisernte, der gesamten Geschichte der Provinz erfahren möchten. Es ist ein Buch, das so manches Mal Staunen und Perplexität hervorruft. Man hätte die Situation oder Gegebenheit eigentlich nicht erwartet. So werden einige Anekdoten der Bewohner bis hin zum Einmarsch der Faschisten alles sehr genau beschrieben, ohne zu verschönern. Das Buch „Das Land der Reiher. Chroniken der Provinz“, wie der deutsche Titel lauten würde, wurde vom Tierarzt Dante Graziosi verfasst, welcher in Granozzo con Monticello, einem kleinen niedlichen Dörfchen inmitten der Reisfelder, geboren wurde.
Mauro Corona: L’ombra del bastone
„Im Tal des Vajont“ lautet der deutsche Titel des vorliegenden eindrucksvollen Werkes von Mauro Corona, der in Erto hoch oben in den Bergen wohnt. Mauro Corona ist in Italien sehr bekannt. Jede Woche sieht man ihn in der politischen Sendung „Cartabianca“, bei dem er sozusagen seinen Senf zu allmöglichen Themen zugibt und sich des Öfteren mit der Moderatorin Bianca Berlinguer verbal ein spannendes bis erzürntes Duell liefert. Man muss ihn nehmen wie er ist, lautet hier die Devise. Ich mag ihn gerne zuhören, hat er doch eine gesunde Einstellung zu vielen Fragestellungen. Aber nun zum Buch. Ich habe es gelesen und muss sagen, es ist ein Buch, was man verdauen muss. Es handelt vom Leben der Menschen im Tal im Friaul-Julisch-Venetien, Trentino und Venetien im 19. Jahrhundert, insbesondere ist es eine eigene Familiengeschichte. Behandelt werden eigentlich alle Themen, angefangen vom Überleben im Tal im Jahreszeitenverlauf bis hin zu Intrigen, Mord, Eifersucht und heimlichen Affairen. So manches Liebesspiel wird ebenso detailliert beschrieben wie auch das Haltbarmachen von Lebensmitteln und der Alltag von fliegenden Händlern. Dies ist eines der Bücher über Italien, die ich Jedem an Herz legen möchte, der sich insbesondere für die fliegenden Händler und das Leben in den Bergen im Jahreszeitenverlauf interessiert.
Alberto Angela: I tre giorni di Pompei
Alberto Angela, der Sohn des verstorbenen Piero Angela, ist in Italien eigentlich sowas wie eine Ikone auf dem Gebiet „Geschichte für Jedermann“. Wer ihn bereits in einen seiner vielen Dokumentation sehen konnte, der weiß, dass Alberto Angela eine einfache, verständliche Sprache nutzt, um die Geschichte, Kunst und Kultur Italiens zu erklären. Er hat bisher auch etliche gut verständliche Bücher über Italien geschrieben. So auch das Buch „Pompeji – Die größte Tragödie der Antike“. Ich muss sagen, ich bin begeistert von diesem Buch, beschreibt es doch tatsächlich sehr genau die Umstände vor, während und nach dem Ausbruch des Vesuvs. Dabei geht der Autor sehr durchdacht vor. Er beschreibt die Bewohner vieler Häuser, die in Pompeji in Kampanien durch den Vulkanausbruch verschüttet wurden, deren Alltag, Sorgen und Probleme. Er beschreibt auch, wer mit wem befreundet war, wer verfeindet, wer verspottet und wer nicht gern gesehen wurde. Dabei zählt er kontinuierlich die Zeit, die bis zum Ausbruch des Vesuvs verbleiben. Ein sehr gelungenes Buch, welches jeder lesen sollte, der wie ich fasziniert von Italien ist.
Lucio Villari: Bella e perduta
„Schön und verloren. Das Italien des Risorgimento“ würde der deutsche Titel lauten, den es leider noch nicht gibt. Dieses Buch schildert eindrucksvoll den Kampf Italiens für die Freiheit, für den Traum einer Nation in einer Zeit von 1796 bis 1870. Dabei werden viele geschichtliche Fakten dieser Zeit aufgegriffen und erklärt. Ein interessantes Buch über Italien für alle diejenigen, die die Geschichte Italiens näher betrachten möchten.
Corrado Augias: I segreti d’Italia
Ja, auch Augias ist eine Marke für sich. Man muss ihn mögen, um Gefallen an ihm zu finden. Wer ihn nicht durch Fernsehsendungen zur Literatur, aber auch Politik kennt, der findet seine Bücher über Italien eventuell nicht sonderlich logisch aufgebaut. Man muss ihn also kennen, um zu wissen, dass er sich gerne in vielen Stories und Anekdoten verliert, die ihm gerade durch den Kopf schießen. Er schweift gerne aus, was man insbesondere in seinen Büchern sehen kann. Für ihn ist eigentlich keine Sendung lang genug, um dass er all seine Gedanken und Geschichten erzählen könnte und schon gar kein Buch. Aber kommen wir zum Buch, das auch so manche Anekdoten und Geschichtchen enthält; eigentlich so viele, dass man sich fragen könnte, um was geht es hier eigentlich? Aber Augias wäre nicht Augias, wenn er seine Geschichten ansprechend verpacken könnte. Das vorliegende Buch mit dem deutschen Titel „Die Geheimnisse Italiens. Roman einer Nation.“ handelt im Prinzip von Geschichten zu bestimmten Themen wie Neapel, Leopardi in Rom, der Mezzogiorno und seine Entdeckung, Palermo, die Herzogin von Parma, Mailand und sein Wiederaufbau nach dem Krieg sowie vielen weiteren Themen. Es ist kein Roman, wie man durch den Titel vermuten könnte, es ist vielmehr eine Erklärung und Zusammenfassung geschichtlicher Ereignisse. Ich habe das Buch gerne gelesen und kann es nur empfehlen.
Alessandro Barbero: Carlo Magno
Ich kenne keinen Historiker, der sich mit so viel Enthusiasmus der Geschichte des Mittelalters verschrieben hat. Alessandro Barbero ist wohl die wichtigste Persönlichkeit und der wichtigste Historiker in Italien, wenn es um das Mittelalter geht. Er lehrt an der Universität Vercelli Mittelalterliche Geschichte und ist des Öfteren mit Dokumentationen im italienischen Fernsehen zu sehen. Er schrieb bisher eine Vielzahl an Büchern – natürlich zur Geschichte des Mittelalters in Italien. Das Buch “ Karl der Große“, wie der deutsche Titel des vorliegenden Werkes heißt, beschreibt sehr detailliert, klar und strukturiert die geschichtlichen Ereignisse und den Alltag der Menschen, die unter Karl des Großen lebten. Es beschreibt natürlich auch das Leben und das Wirken des Herrschers. Das Buch gibt einen umfassenden Einblick der geschichtlichen, sozialen und politischen Situation zu jener Zeit. Es ist ein sehr spannendes und interessantes Buch, das jedem zu empfehlen ist, der die Geschichte Italiens liebt.
G. Vittorio Avondo: Antichi mestieri del Piemonte
Dieses Buch ist eines der interessanten und empfehlenswerten Bücher über Italien, das leider bisher nur in italienischer Sprache erschienen ist. Der Titel würde „Antike Berufe des Piemont“ heißen und ist eines der interessantesten Bücher. Es beschreibt das Leben und den Alltag insbesondere der fliegenden Händler im Piemont, angefangen von den Fischverkäufern und Messerschärfern bis hin zu den Schornsteinfegern, Musikanten und Matratzenstopfern. Für manche Berufe kennt das Deutsche noch nicht einmal eine adäquate Übersetzung.
Sebastiano Vassalli: La chimera
„Die Hexe aus Novara“ lautet der deutsche Titel des Erfolgsbuches, das sogar mit dem Premio Strega ausgezeichnet wurde, von Sebastiano Vassalli, der in Genua geboren, aber in Novara aufgewachsen ist. Es handelt um ein junges Mädchen, welches durch ihr Verhalten und durch eine Liebesbeziehung zu einem der Reisbauern zu Beginn des 17. Jahrhunderts als Hexe denunziert wurde. In dem Buch, das sich auf historische Begebenheiten stützt, wird das realistische Alltagsleben, die zum Teil sehr schwierigen Lebensbedingungen, Ausbeutung, Unterdrückung, Aberglaube und Denkweise der Bauern und Arbeiter der Provinz Novara beschrieben. Es ist ein historischer Roman und eines der Bücher über Italien, das auf jeden Fall fesselt und wichtige historische Gegebenheiten aufleben lässt.