Die Familie Farnese, aus denen der uneheliche Pier Luigi Farnese (1503-1547) entspringt, hat eine seltsame Geschichte. Sie besaß in Rom einer der schönsten Paläste der Renaissance, dem heutigen Sitz der Französischen Botschaft und war doch als raublustige Landadlige in Etrurien, dem heutigen Norden der Region Latiums im ursprünglichen Gebiet der Etrusker bekannt, wie Ferdinand Gregorovius in seinen Wanderjahren in Italien beschrieb.

Paul III. ernennt seinen Sohn Pier Luigi zum Herzog von Parma und Piacenza, Sebastiano Ricci, 1687

Intrigen, Gier und Macht

Die Familie Farnese, die in ihrer noblen Residenz hauste, umgeben von Elendshütten mit hungernden Kindern und Menschen, die ihr Leben lang brotlos ihr Arbeitsdasein fristeten, ging in die Geschichte als ein Familienclan mit Macht, Intrigen, amorösen Leidenschaften, seltsamen persönlichen Vorliegen und zahllosen unehelichen Kindern ein. Pier Luigi Farnese war einer der unehelichen Kinder, man könnte schon meinen ein Pechvogel, der zum Schluss auch noch auf brutalste Weise ermordet wurde. Der Maler Lorenzo Toncini (1802-1884) verewigte den Mord an Pier Luigi Farnese in seinem Bild „Morte del duca Pier Luigi Farnese„.

Gemälde "Morte del duca Pier Luigi Farnese" von Lorenzo Toncini
Gemälde „Morte del duca Pier Luigi Farnese“ von Lorenzo Toncini

Der „gräßliche“ Sohn Pier Luigi Farnese

Gregorovius nennt Pier Luigi Farnese, der Perugia unterworfen hatte, den gräßlichen Sohn Pauls III. Farnese (Alessandro Farnese, 1468-1549), die Aristokratie von Parma und Piacenza „Bastard des Papstes“. Lediglich beim gewöhnlichen Volk ist er in seinen Anfangsjahren der Regierung noch beliebt.

Pier Luigi hatte es nicht leicht. Er war der uneheliche Sohn des Papstes Paul III., für den der Papst das Herzogtum Parma schuf, um dieses als Pufferzone zwischen der spanischen drohenden Machtübernahme 1556 der Lombardei (bis 1535 regierte das Herzogtum Sforza Mailand und Umgebung, ab 1535 bis 1556 die Habsburger, danach die Spanier) einzusetzen.

Er hatte ihn, als er das Amt des Kardinals noch bekleidete, mit der römischen Edeldame Silvia Ruffini gezeugt, mit der er noch weitere drei Kinder hatte.

Pier Luigi war es Leid, stets als Bastard des Papstes betitelt zu werden. Dadurch steigerte sich seine Unnachgiebigkeit, seine markanteste Charaktereigenschaft, wodurch er beim Volk sehr unbeliebt wurde. Sein Regierungshandeln als Herzog von Castro und Parma wurde somit erschwert.

Das jähe Ende des Duca von Parma

Lorenzo Molossi (Pontremoli, 1795 – Parma, 1880), ein italienischer Wirtschaftswissenschaftler und Geograph, verfasste im Auftrag von Maria Luise von Österreich, ehemalige Kaiserin und Ehefrau Napoleons, Herzogin von Parma, Piacenza und Guastella, 1832 das Vocabolario topografico dei Ducati di Parma, Piacenza e Guastalla. Dabei handelte es sich nicht um ein Wörterbuch, sondern um eine sehr detailreiche Abhandlung über die Situation der Örtlichkeiten, deren Gesellschaft, Bräuche, Sitten, Wirtschaft, Infrastruktur und all den Geschichten und Legenden, die dort erzählt werden. 1834 wurde der „Vocabolario“ von der „Stamperia Ducale“ gedruckt.

Molossi beschreibt in seinem „Vocabulario“ Folgendes:

„Pierluigi Farnese (1. Herzog), geboren am 19. November 1503. So erfreulich seine Wahl für das Volk war, so feindselig erschien sie den Adligen und Feudalherren, die sahen, dass sie das Volk nicht mehr beherrschen konnten. Der Herzog nahm diese Staaten am 23. September 1545 in Besitz, als er sich in Piacenza aufhielt. Schon bald errichtete er hervorragende Orden: Sein Hof wurde zu einer Akademie herausragender Philosophen, Politiker und Literaten. Er war ein Fürst mit großem Mut, schnellem Verstand, aber entschlossen und gewalttätig genug, um seine despotische Herrschaft für Adlige und Bürger akzeptabel zu machen, die bereits an ungezügelte Freiheit gewöhnt waren. Die allgemeine Abscheu seiner Untertanen wurde bald durch die Missbräuche und die Strenge noch verstärkt. Besonders empörend waren die Auflagen, die er für den Bau der Zitadelle von Piacenza machte. Seine Handlungen wurden in den schwärzesten Farben gemalt. Karl V., und sein General D. Ferrante Gonzaga, der einen privaten Groll gegen die Farnese hegte, hörte sich die Anschuldigungen (die nicht frei von Verleumdungen waren) bereitwillig an und schützte insgeheim die Verschwörung, die von einigen Rittern aus Piacenza angezettelt worden war. Das waren die Grafen Giovan Franc. Anguissola und Agostino Landi, die Markgrafen Giovan Luigi Confalonieri sowie Girolamo und Alessandro Pallavicini.
Am verhängnisvollen Tag des 10. September 1547, als Pierluigi sich in der alten Zitadelle von Piacenza aufhielt, wurden die Plätze eingenommen, die wenigen deutschen Wachen festgehalten und einige von den Verschwörern getötet. Graf Anguissola betrat entschlossen den Raum, in dem sich der Herzog befand, dem viele Stiche zugefügt wurden, bis er kein Lebenszeichen mehr von sich gab. Nachdem er das Fenster zum Platz geöffnet hatte, zeigten er, Anguissola und Landi, den Leichnam dem Volk und riefen „Freiheit“ und „Kaiserreich“, bevor sie ihn in die Grube warfen. Nach dieser Tragödie wurden die kaiserlichen Soldaten, die in der Nähe warteten, in die Stadt gebracht, und am nächsten Tag kam D. Ferrante Gonzaga, um sie für Cesare in Besitz zu nehmen.“

Cesare war der Sohn von Don Ferrante Gonzaga, dem Grafen von Guastalla und Fürst von Molfetta (1507 – 1557), Vertrauter von Kaiser Karl V. von Habsburg, der ihn von 1535 bis 1546 zum Vizekönig von Sizilien und von 1546 bis 1554 zum Gouverneur von Mailand ernannte; ab 1539 war er Herrscher der Grafschaft Guastalla.

Sein Sohn Cesare I. Gonzaga war kulturell versiert. Er lebte in seiner prächtigen Villa in Mantua, die sich an der Stelle befindet, an der heute die Piazza Dante und das Gebäude der Accademia Virgiliana stehen. Er war bekannt für seine Sammelleidenschaft von Marmoren, Bronzen, Medaillen und Gemälden. Im Laufe seines Lebens gründete er eine literarische Vereinigung, die Accademia degli Invaghiti, mit Sitz in Mantua.

Pier Luigi Farnese störte

Don Ferrante Gonzaga war bekannt für seine kurzen Prozesse. Jeder, der ihm lästig war, wurde kurzerhand aus dem Weg geräumt. Dies wusste auch Kaiser Karl V. und Gonzaga wusste hingegen, dass sein Kaiser sich belästigt fühlte. Als getreuer Untertan und Vertrauter zettelte er sogleich den von beiden ersehnten Mord an. Er rekrutierte Anguissola für die Ausführung des politischen Mordes und dieser versammelte gleich weitere Adlige, sogenannte Verbündete, die ihm halfen. Und so kam es wie es kommen musste: Pier Luigi Farnese wurde am 10. September 1547 ermordet und aus dem Fenster in den Graben geworfen.