Die Region Abruzzen beherbergt eine Vielzahl an Nationalparks. Einer der ältesten im Apennin ist der Nationalpark Abruzzen, Latium und Molise (Parco nazionale d’Abruzzo, Lazio e Molise), welcher im Süden gelegen ist und eine Fläche von 50.683 ha aufweist. Um die Hauptstadt L’Aquila und zum Norden hin liegt der Gran-Sasso-Nationalpark. Im Süden liegend, ist der Majella-Nationalpark zu finden und gen Westen der Sirente-Velino und der Monte-Velino-Regionalpark in einer noch unberührten Naturgegend.

Krokusse im Gran Sasso Nationalpark
Krokusse im Gran Sasso Nationalpark

Der höchste Gipfel liegt im Nationalpark Gran Sasso

Wanderung zu den Gipfeln des Gran Sasso
Wanderung zu den Gipfeln des Gran Sasso

Der Nationalpark Gran Sasso und Monti della Laga ist 141.341 Hektar groß und besteht vorwiegend aus gebirgiges Umland. Zwei Bergketten und eine überaus wilde unberührte Landschaft sind die geologischen Hauptmerkmale dieses Parks in den Abruzzen. Mit 2.912 Metern gehören das Bergmassiv Corno Grande und der südlichste Gletscher Europas zum Nationalpark. So sind auf der einen Seite des Berges Kalksteinwände und auf der anderen eine der Mongolei ähnelnden Landschaft zu finden. Daher wird diese Seite auch „kleines Tibet“ genannt. Im Norden ist der See Campotosto sowie das „Tal der hunderten Wasserfälle“ gelegen.

Der zugeschneite Campotosto-See im Winter
Der zugeschneite Campotosto-See im Winter

Der reichblühende Majella-Nationalpark

Der sich in den Abruzzen befindliche Nationalpark Majella, auch oft Maiella geschrieben, hat eine Größe von 86.000 Hektar und das Massiv erreicht eine Höhe von 2.795 Metern mit dem Monte Amaro. Unglaublich viele und satte Wälder sowie eine Vielzahl von Wasserquellen zieren den Nationalpark. Das Massiv hat mehr als 60 Gipfel und besteht überwiegend aus Kalkstein, welche unter den Bergsteigern leicht bestiegen werden können.

Wanderpfade im Majella-Nationalpark
Wanderpfade im Majella-Nationalpark

Als Gebirgsbotaniker könnte man meinen, man habe den Garten Eden gefunden, denn mehr als 1.800 Pflanzenarten mit einer saisonalen Blütenpracht sind im Park heimisch. So ist auch Canis lupus italicus – der Apenninwolf hier zu Hause. Die Einführung erfolgte in den 70er Jahren und seitdem steht er unter Naturschutz. Ursus arctus marsicanus – der Braunbär – fühlt sich in dieser Gegend ebenso sehr wohl, sowie Gemsen, Königsadler oder Wanderfalken. Auch als einheimisch angesehen werden können die Fischotter.

Durch über 100 Höhlen und Grotten

Im Majella-Nationalpark gibt es mehr als 100 Höhlen, die sich durch Karstformationen gebildet haben. Regenwasser und Schnee dringen in die Erdoberfläche ein und spülen das Kalkgestein aus. Dadurch erweitern sich Risse im Gestein. Es bilden sich Höhlen und Tunnel, Schlucklöcher und Dolinen. In vielen Höhlen gibt es Stalaktiten und Stalagmiten. An den Wänden funkeln Alabasterkonkretionen wie in Cavallone, einem 1,3 km langen Karstkomplex, auf 1.450 m im Vallone di Taranta. Dieser kann besucht werden.

Die Grotta Nera und ihre seltene Mondmilch

In der Grotta Nera hingegen ist der Zugang beschränkt, denn in ihr ist die seltenere Konkretion „latte di monte“, Mondmilch, eine Calcitablagerung, zu finden, eine weiche Konkretion, die in ihrer Entstehung auf Bakterien zurückzuführen ist.

Schattenliebende Flora dominiert die Höhlen

In den dunklen Höhlen herrscht ganzjährig eine gleichbleibende Temperatur um rund 10°C bei einer Luftfeuchtigkeit von 80 bis 90 %. So dominieren am Eingang der Höhlen schattenliebende Pflanzen wie dem Jungfernhaar, Moose, Flechten, Majella-Akelei (l’Aquilegia della Majella) und die Polsterglockenblume Cavolini (Campanula di Cavolini). Im Inneren der Höhlen sind Algen und Pilze anzutreffen.

In den Höhlen leben wirbellose Tiere

Durch ihre Dunkelheit, der hohen Luftfeuchtigkeit und der konstanten Temperatur haben die Höhlen im Majella-Nationalpark eine eigenständige Fauna. Diese besteht größtenteils aus wirbellosen Tieren, die sich an die hypogäische Umgebung angepasst haben. Dazu gehören Spinnentiere, Käfer, Lepidopteren und Orthopteren. All diese haben sich an ihre Umgebung durch die Verkleinerung ihrer Sehorgane, ihrer Depigmentierung der Körper und der Ausformung bestimmter Körperteile wie Tastformen angepasst.

Die Höhlen als Rückzugsort für Tier und Mensch

Im Winter, zum Winterschlaf oder einfach nur zur Ruhe werden viele Höhlen in den Abruzzen von unterschiedlichen Tierarten aufgesucht. Darunter sind fliegende Säugetiere, die Chiroptera, Füchse, Bären, Wölfe, Raubvögel und Marder.

Die vom Menschen als Hirtenunterkunft dienenden Höhlen sind insbesondere die neolithischen Höhlen Grotta Caprara (Lama dei Peligni) und die Höhlen dei Piccioni (Valle dell’Orta), San Giovanni all’Orfento und Stazzo del Faggio (Pennapiedimonte).

Sirente-Velino – der Park mit den kalten Wintern

Der im mittleren Westen liegende Sirente-Velino als Regionalpark mit einer Fläche von etwa 564 km² wurde 1989 eingerichtet und wird aus zwei Bergmassiven gebildet: den Monte Velino und den Monte Sirente. Kontinentales Klima mit wesentlich kälteren Wintern ist typisch für diesen Nationalpark, der aus reichlich Gletscherformationen besteht. Insgesamt wurden im Park 1.926 floristische Familien, darunter die Saxifraga marginata, Birken, Buchen, Nigritella rubra widderi, Orchis spitzelii und Paeonia officinalis, 216 Wirbeltierarten, 149 Vogelarten, 43 Säugetierarten, 13 Reptilien- und 11 Amphibienarten gezählt, wie der Park selbst angibt. Durch die langen Winter ist der Sirente-Velino Nationalpark ideal für Wintersportler. Innerhalb des Parks befinden sich die beiden beliebten Skigebiete Campo Felice und Ovindoli, Ziele für viele Wintersportler.

Regenbogen und Lichtspiele: Sicht von der Rocca di Calascio
Regenbogen und Lichtspiele: Sicht von der Rocca di Calascio

Altopiano delle Cinquemiglia – der schönste Blütenteppich

Die Hochebene Altopiano delle Cinquemiglia, die zwischen den Gemeinden Rivisondoli, Rocca Pia und Roccaraso auf einer Höhe von etwa 1.250 m über dem Meeresspiegel liegt, ist eine der größten Hochebenen Italiens. Sie erstreckt sich über 9 km Länge und 1 km Breite und verwandelt sich jeden Juni in ein Blütenteppich. Sie wird von einigen hohen Gipfeln der Marsicanischen Berge wie dem Monte Genzana, dem Monte Pratello und dem Monte Rotella überragt. Der höchste Gipfel der Monti Marsicani ist der Monte Greco mit 2.283 m. Heute durchquert die Staatsstraße 17 das Gebiet, die im Osten an die Hochebene von Quarto Grande mit seinem zentralen Dorf Pescocostanzo trifft und im Südwesten auf das Piano Aremogna und dem Monte Greco sowie im Nordosten auf die Ausläufer des Maiella-Nationalparks. Das Altopiano delle Cinquemiglia ist nahezu unbewohnt, vielmehr finden sich dort nur Schäfer mit ihren Tieren.

Das einste Paradies für Briganten

Früher war die Hochebene Altopiano delle Cinquemiglia in den Abruzzen ein Paradies für Briganten, die gerne und häufig Vorüberziehende überfielen. So durchquerten Postkutschen aus Angst vor Überfällen die Hochebene mit Höchstgeschwindigkeit. Jedoch nicht immer klappte eine problemlose Überfahrt. So kam es, dass 1528 300 Söldner, die von der Republik Venedig als Unterstützung im Kampf gegen Kaiser Karl V. von Habsburg überfallen wurden. Dieses Schicksal ereilten auch 500 Deutsche, die zum Prinzen von Oranienburg gehörten und auch die königliche Delegation von König Vittorio Emanuele II von Savoyen im Jahr 1860. Aber nicht nur Briganten waren eine Gefahr für Reisende, die die Hochebene durchquerten, sondern auch die strengen kalten Winter, die so manchem Reisenden das Leben kosteten. In klaren Nächten können dann schon mal -30°C erreicht werden. Touristisch interessant ist die Hochebene für ihre dichten Blütenteppiche und wegen des nahegelegenen Skigebiets Alto Sangro mit Roccaraso-Rivisondoli, einem der größten und wichtigsten Skigebiete in Mittel- und Süditalien. Bedeutsame touristische Zentren sind die nahegelegenen Orte Pescocostanzo, Rivisondoli und Rocca Pia.

Altopiano del Quarto Grande

An den Südhängen des Majella-Massivs auf einer Höhe von rund 1.300 m liegt die in Nord-Süd-Richtung auf einer Länge von etwa 7 km verlaufende Hochebene Quarto Grande. Sie grenzt im Süden an die Hochebene Quarto Santa Chiara und ist von Zweitausender-Gipfeln wie dem Monte Rotella (2.129 m), dem Monte Pizzalto (1.966 m) und dem Monte Calvario (1.737 m) umgeben. Das Dorf Pescocostanzo bildet das Zentrum der Hochebene, im Südwesten die Orte Rivisondoli und Roccaraso. Die Hochebene der Abruzzen ist besonders bei Wintersportlern beliebt, da sie eine der größten Skigebiete in Mittel- und Süditalien beherbergt.

Mit der Eisenbahn durch das Altopiano di Quarto Santa Chiara

Die etwa 6 km lange und auf 1.200 m liegende Hochebene von Quarto Santa Chiara, die im Norden vom Monte Porrara überragt wird, grenzt im westlichen Teil an die Provinz Chieti und im Süden an L’Aquila. Sie kann durch die Transsibirische Eisenbahn Italiens, der Eisenbahnlinie Sulmona-Isernia, durchquert werden.

Piano Aremogna und seine Skilifte

Das Piano Aremogna liegt in der Gemeinde Roccaraso in den Abruzzen in Höhe von etwa 1.600 m. Im Westen wird das Gebiet durch das Monte Greco-Massiv (2.283 m), überragt. Das Gebiet ist für seine Skilifte bedeutsam, die zu einem der größten Skigebiete in Mittel- und Süditalien führen.

Das Valle dell’Orfento – Das Tal der Wasser

Viele Bäche durchziehen das Valle dell'Orfento
Viele Bäche durchziehen das Valle dell’Orfento

Das seit 1971 als Naturschutzgebiet der Abruzzen bestehende Valle dell’Orfento, stellt wegen seines Wasserreichtums eine Ausnahme unter den tiefen und trockenen Tälern der Majella dar. Im Tal existiert dadurch eine durchaus nennenswerte biologische Vielfalt. Fischerotter leben in den Flüssen, Wanderfalken schwirren in der Luft herum, immer in der Hoffnung, doch noch einen Happen einer Maus zu ergattern, und auf den Wiesen oberhalb von 2.000 gedeiht das Apennin-Edelweiß. Die Pinguicola fiorii, eine kleine fleischfressende und blaublühende Pflanze, die zur Familie der Wasserschlauchgewächse gehört, sprießt aus Felsritzen hervor. Hirsche und Rehe, die im 20. Jahrhundert verschwunden waren, wurden erst in den 1980er Jahren wieder angesiedelt. Touristisch sehenswert sind neben der eindrucksvollen Flora und Fauna auch die Einsiedeleien von S. Giovanni und S. Onofrio, die Schlucht Ponte della Pietra und der Scalelle-Weg (Sentiero delle Scalelle).

Die Pizzi-Berge und ihre großen Bäume

Die Monti Pizzi, wie die Pizzi-Berge in Italien heißen, sind eine Ansammlung von nicht allzu hohen Gipfeln, die sich im südöstlichen Teil des Majella-Parks in den Abruzzen befinden. Ihre Schönheit liegt in ihrer Zerklüftung und Schroffheit des Geländes, das mit üppigen Waldformationen aus Buchen und wilden Birnen- und Apfelbäumen besteht. Viele dieser Bäume sind zu einer beträchtlichen Größe herangewachsen. In den Wäldern lebt unter anderem der Marsische Bär (l’orso marsicano). An den Felswänden mit ihren Felsvorsprüngen und Spitzen gedeihen seltene Pflanzenarten. Um die Pizzi-Berge zu erkunden, bieten sich die Ausgangspunkte Gamberale, Ateleta, Pizzoferrato und Pescocostanzo an. Sehr sehenswert sind auch Ausflüge in das Val di Terra, zum Gipfel Pietra Cernaia (5-6 Stunden Wanderung) und in den Wildpark Cervo.